quinta-feira, 1 de maio de 2014

Interview mit Ayrton Senna - Karin Sturm

Ayrton Senna saß an einem Hotel-Swimmingpool. Er sprach über seine Angst vor dem Tod. Dann sagte er: Er würde nach einem Unfall lieber sterben als geistig behindert weiterzuleben. Erinnerungen an den besten Formel-1-Rennfahrer der Geschichte.

Ayrton Senna - Estoril 1990

Zwanzig Jahre ist es her, dass Ayrton Senna in Imola starb. Es kommt einem ewig vor - und doch so, als wäre es gestern gewesen. Dieser Tag veränderte so viel für so viele Menschen. Und er bedeutete mehr als nur das Ende einer Ära in der Formel 1.

Ayrton Senna - Monaco 1991
Denn mit Senna fehlte plötzlich nicht nur der wahrscheinlich beste Rennfahrer der Geschichte. Es fehlte vor allem ein außergewöhnlicher Mensch, einer, der überall seine Spuren hinterließ. Spuren, die Raum und Zeit zu überdauern scheinen. Denn Senna faszinierte nicht nur durch sein fahrerisches Können, sondern vor allem auch durch seine Persönlichkeit, sein ganz spezielles Charisma. Er war anders als viele Spitzensportler, mit seinen manchmal philosophischen Gedanken zu vielen Dingen auf der Welt, nicht nur zur Formel 1, sondern auch zu Religion und Glauben.

Ayrton Senna - Xuxa - 1989

Sennas Ziel war die absolute Perfektion, in allem was er tat, "immer, in jeder Sekunde, sein Bestes zu geben, die Suche nach dem Limit, das Herausschieben von Grenzen", wie er sagte. Sein Aufstieg an die absolute Spitze, die Siege waren die beinahe logische Konsequenz davon.


Und dann waren da noch seine Geradlinigkeit und ein fast schon fanatischer Gerechtigkeitssinn, gepaart mit einer tiefen Sensibilität. Eine Kombination an Charaktereigenschaften, die es ihm in der Formel 1 nicht leicht machten: "Schlimmer als eine Niederlage ist es, betrogen zu werden. Eine sportliche Niederlage kann einen sogar besser machen, betrogen zu werden aber ist unakzeptabel", lautete Sennas Standpunkt - und dafür kämpfte er Zeit seines Lebens.


Die Erinnerungen an Ayrton Senna sind heute noch allgegenwärtig - an vielen Orten, in vielen Momenten. In Japan, in Suzuka, wenn dort mal wieder eine WM-Entscheidung fällt, mit großer Party hinterher. Dann erinnert man sich, wie Senna 1988 dort seinen ersten von drei Weltmeistertiteln genoss: Alleine, in seinem Hotelzimmer, schaute er sich damals sein Siegesrennen noch einmal auf Video an, auf einem speziellen Band, ohne Kommentar, nur mit den Originalrenngeräuschen.

Aber natürlich kommen diese Erinnerungen auch in Brasilien: In Interlagos, an Sennas ersten Heimtriumph dort, 1991, mit einem angeschlagenen Auto, als er die letzten sieben Runden nur noch im sechsten Gang fahren konnte. Seine Erschöpfung, aber auch seine unglaublichen Emotionen danach - die Freude, die sich auch darin ausdrückte, dass man als Gratulant auch gut zwei Stunden nach Rennende noch ein spontanes Dankesküsschen bekam.

Am Swimmingpool ging es um Risiko, Angst und einen Unfall

Oder wenn einem - wie gerade im Zusammenhang mit Michael Schumachers Unfall - ein sehr privates Gespräch mit Senna einfällt, aus dem Jahr 1992, im australischen Port Douglas, in der Pause zwischen dem japanischen und dem australischen Grand Prix. An einem Hotel-Swimmingpool ging es um Risiko, um Angst, um seinen Unfall beim Testen in Hockenheim im Jahr zuvor, als er zumindest seinem Gefühl nach "mindestens so hoch in der Luft" war wie die Bäume dort; als er während dieser Sekunden Angst hatte, sterben zu müssen. Und an den Satz, dass er nach einem Unfall lieber sterben würde als etwa mit einer schweren geistigen Behinderung weiterleben zu müssen. Ein Satz, der damals in all der Trauer nach Imola so etwas wie ein kleiner Trost sein konnte.

Aber die Erinnerungen sind auch außerhalb der Formel 1 präsent - vor allem natürlich in seiner Heimat. Dort weiß heute noch fast jeder ganz genau, wo er an dem Tag war, was er gerade tat, als er von Sennas Tod erfuhr, von einem Verlust, der für die Brasilianer mehr war als nur der Verlust eines Sportidols, nämlich der Verlust einer Hoffnung: So viel hatte Senna ihnen immer geben können, so viel Freude, so viel Stolz auch auf ihr Land, trotz aller Probleme und Miseren.

Senna hat Menschen auf der ganzen Welt inspiriert, er hat etwas bewirkt, er hat etwas verändert in den Köpfen vieler Menschen, ob sie ihn nun persönlich gekannt oder auch nur aus der Distanz verehrt und geliebt haben.

Und er blieb praktisch allen, die irgendwann einmal mit ihm zu tun hatten, durch seine Menschlichkeit und seinen respektvollen Umgang mit ihnen im Gedächtnis - unabhängig von Rang und Status seines Gesprächspartners. Und das bis heute - 20 Jahre danach.

20 Jahre, in denen manche immer wieder einmal das Gefühl hatten und haben, noch etwas von dieser besonderen Ausstrahlung, dieser Kraft, zu spüren.


Karin Sturm begleitet die Formel 1 seit 1982 als Journalistin, ist bei fast allen Grand Prix' vor Ort. Ayrton Senna kannte sie seit dessen erstem Rennen im Toleman 1984, baute über die Jahre ein Vertrauensverhältnis zu dem Brasilianer auf. So waren damals neben offiziellen Interviews auch öfters persönliche Gespräche möglich, die meist nicht den direkten Weg in Veröffentlichungen fanden. Ein gemeinsames Buch war 1994 in Planung. Es sollte Ende der Saison erscheinen, das Konzept war bereits abgesprochen und spiegelte sich in "Ayrton Senna - seine Siege, sein Vermächtnis" wider. Auch heute noch besteht ein sehr guter Kontakt zu Sennas Familie, speziell zu seiner Schwester Viviane und zu seinem Neffen Bruno, der ebenfalls als Rennfahrer Karriere machte.

Source: http://ml.spiegel.de/fotostrecke.do?id=113447|967065

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